
Vor einiger Zeit hatte ich Interviews mit diversen Blog-Betreibern rund um die Thematik Open Source geführt. Nun wollte ich auch Entwickler zu Wort kommen lassen, was sie motiviert, ihre Projekte als Open Source auf den Markt zu bringen.
Heute steht mir Frank Karlitschek, der Geschäftsführer und Gründer von Nextcloud, Rede und Antwort.
intux: Hallo Frank! Seit über sechs Jahren nutze ich privat Eure Cloud. Alles begann mit der ownCloud auf dem Raspberry Pi. Mittlerweile läuft die Nextcloud auf einem vServer. Was hat Dich inspiriert, eine Cloud für jedermann zu entwickeln?
Frank: Ich bin schon seit über 20 Jahren in verschiedenen Open-Source-Projekten, wie zum Beispiel KDE, aktiv. Dabei ging es immer darum, den Benutzern die Kontrolle über ihren Computer und ihre Daten zu geben. Als vor einigen Jahren Cloud-Services populär wurden, war mir klar, dass wir Open Source und verteilte Alternativen dazu brauchen. Das genau ist das Ziel von Nextcloud.
intux: Wie wichtig ist es Dir/Euch, dass die Cloud auf einem Einplatinencomputer wie dem Raspberry Pi läuft und so als Speicherlösung dem technikaffinen Heimanwender dient? War das eher Zufall oder Absicht?
Frank: Die Idee hinter Nextcloud ist, dass die Benutzer einen Service so betreiben können, wie sie es für richtig halten. Das kann ein kleiner Homeserver sein oder ein großer Cluster für Millionen von Benutzern. Der Raspberry Pi ist hier sicherlich der Extremfall. Es ist uns wichtig, dass Nextcloud gut auf einem Raspberry Pi läuft, auch wenn wir, realistisch gesehen, schon empfehlen, etwas stärkere Hardware zu verwenden. Zum Beispiel ist es empfohlen, einen redundanten Storage zu verwenden, was mit einem Raspberry Pi schwierig ist.
intux: Du hast ja Dein eigenes Projekt vor drei Jahren geforkt. Wie schwer fiel es Dir, ownCloud zu verlassen und mit Nextcloud neu zu starten?
Frank: Der Entscheidungsfindungsprozess hat viele Monate gedauert. Dem Kernteam und mir ist mit der Zeit aufgefallen, dass sich das damalige Projekt und die Firma in die falsche Richtung entwickelt haben. Auch die Entwicklercommunity ist geschrumpft, da das Unternehmen damals schlechte Entscheidungen getroffen hat. Ich habe damals versucht, das zu korrigieren, was mir leider nicht gelungen ist. So standen das Kernteam und ich vor der Wahl, die eigenen Ziele und Ideale aufzugeben oder eben den Fork zu wagen. Wir sind superstolz darauf, dass Nextcloud inzwischen besser und stabiler dasteht, als es das Vorgänger-Projekt jemals war.
intux: Gab es während dieser Phase die Befürchtung, es eventuell nicht zu schaffen?
Frank: Natürlich. Es gibt immer Dinge, die man nicht voraussehen kann. Das Ganze war schon ein kleines Abenteuer. Umso mehr freuen wir uns bei Nextcloud, dass wir jetzt besser aufgestellt sind als jemals zuvor. Wir haben die bessere und aktivere Community, wir sind 100 % Open Source, was wir in der Vergangenheit nicht waren, die Software ist besser, schneller, sicherer und hat mehr Funktionalität, wir sind als Firma profitabel und haben keine Abhängigkeiten von Investoren. Wir sind also etwas stolz darauf, dass sich das Abenteuer gelohnt hat.
intux: Wie klug war es, die ownCloud unter die AGPL zu stellen, unter der nun auch auch die Nextcloud lizensiert ist?
Frank: Ich habe damals entschieden, die AGPL zu nehmen. Nach wie vor finde ich, dass das die ideale Lizenz ist, um die Sicherheit, Offenheit und Unabhängigkeit von Nextcloud sicherzustellen.
intux: Welche Anforderungen gibt es an Community-Apps und welche Revisionen müssen diese in Eurem Hause durchlaufen? Welche Regeln müssen die Entwickler einhalten?
Frank: Grundsätzlich ist ja Nextcloud komplett Open Source, was bedeutet, dass jeder die Software modifizieren und erweitern kann, ohne mit dem Kern-Team sprechen zu müssen. Wenn man allerdings in unseren App Store aufgenommen werden will, dann haben wir bestimmte Sicherheits- und Qualitätskriterien. Die App muss mit einem persönlichen Key des Entwicklers signiert sein, um sicherzustellen, das kein schadhafter Code einfließt. Außerdem haben wir eine Reihe von Sicherheit- und Qualitätschecks, die man bestehen muss, um aufgenommen zu werden.
intux: Die Nextcloud wird immer populärer und wichtiger für Unternehmen und Behörden. Zuletzt gab es Meldungen, dass selbst die Bundesverwaltung auf Euer System setzt. Hast Du mit diesem Erfolg gerechnet?
Frank: Gerechnet nicht, aber gehofft habe ich es schon. Die Nextcloud-Community entwickelt ja Nextcloud nicht nur zum Spaß. Sondern wir hoffen schon, dass so viele Benutzer wie möglich Nextcloud nutzen. Wir wollen ja die Daten und die Cloud wieder dezentralisieren. Da freuen uns der Erfolg und das positive Feedback schon sehr.
intux: Wie wichtig ist Dir/Euch die Community?
Frank: Die Contributor-Community ist der Kern von Nextcloud. Zum Beispiel haben beim letzten Release über 2000 Freiwillige mitgewirkt. Das ist deutlich mehr als die ca. 30 Entwickler, die wir als Unternehmen bezahlen, um an Nextcloud zu arbeiten. Die Community ist also superwichtig, ohne die wir es nicht mit Microsoft, Google usw. aufnehmen könnten.
intux: Was ist Dein Lieblingsbetriebssystem und welches setzt Du produktiv ein?
Frank: Ach die Zeiten sind bei mir vorbei, wo ich noch Leidenschaft für Betriebssysteme hatte. 😉 Ich bin da inzwischen ganz pragmatisch. Auf dem Server verwende ich alles Mögliche. Auf einem privaten Server verwende ich Ubuntu Server, da ich die regelmäßigen Aktualisierungen mag. In der Firma verwenden wir viel Debian. Im Kundenumfeld arbeiten wir viel mit Red Hat und SUSE, da es dort guten kommerziellen Support gibt. Auf meinem Laptop habe ich MacOS und eine Fedora VM für die Entwicklung. Und dann habe ich sogar noch einen Windows PC für Gaming.
intux: Eine abschließende Frage noch: Bleibt neben Deinen zahlreichen Engagements für freie und quelloffene Software eigentlich noch genügend Zeit für Hobbys?
Frank: Ja klar. Schließlich ist ja Nextcloud auch mein Hobby. 😉
Aber Spaß beiseite. Ich reise sehr gerne, was sich gut mit meinen vielen Vorträgen auf Konferenzen verbinden lässt. Außerdem fotografiere ich gerne. Am liebsten Porträts von interessanten Menschen. Einige davon kann man auf https://karlitschek.de/gallery anschauen.
intux: Vielen Dank für das Interview, Frank.
Klar, wenn man nur drei Lizenzen kennt…
Grüße aus dem MIT-0-Lager.
[…] Domain mieten und die E-Mails über die gemietete Domain laufen lassen. Spass mit Mailadressen. Interview mit Frank Karlitschek, nettes kleines Interview mit dem Gründer von ownCloud und Nextcloud. Ebenfalls ein tolles […]
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